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Seelsorgebereich St. Martin Rheinbach
Vinzenz Pallotti Darstellung in Pallottikirche

Geschichte der Pallottiner in Rheinbach von 1935 bis 2021

Seelsorger, Erzieher und Lehrer, Impulsgeber und Förderer, Streitende und Gesprächspartner, Wegbegleiter und Freunde – dies und vieles mehr waren die Pallottiner in Rheinbach. Mit Profanierung der Pallottikirche am 6. Februar 2021 ging nach über 85 Jahren ihre Ära in der Voreifel-Stadt und den umliegenden Ortschaften zu Ende. 

Was war?  

Die Anfänge

Die Historie des Pallottinischen Wirkens in der Region hat der verstorbene Pater Wilhelm Steffans SAC im Jahr 2010 anlässlich des Jubiläums „75 Jahre Pallottiner in Rheinbach“ dokumentiert. Die Anfänge liegen im Januar des Jahres 1935, als die Pallottiner nicht nur das damalige erzbischöfliche Konvikt „Collegium Hermannianum“ erwarben, sondern darüber hinaus auch Grundbesitz von 4 Hektar und 85 Ahr mit ausgedehnten Gärten, Wirtschaftsgebäuden mit Viehbestand, Werkstätten, Spielplätzen und einer Kegelbahn, schreibt Pater Steffans. Von 1935 bis zur Schließung durch die Nazis 1937 waren 115 angehende Theologen als Studenten in Rheinbach. Im Schuljahr 1939/40 konnte der damalige Kolleg-Rektor Pater Dr. Andreas Schäfer im Internat 160 Jungen unterbringen. In enger Zusammenarbeit mit den Direktoren des Städtischen Gymnasiums gelang es, das Hermann-Josef-Kolleg als einziges Internat in kirchlicher Trägerschaft bis zum Herbst 1944 weiterzuführen. Dann machte die vorrückende Westfront dem Betrieb ein Ende. 

Nach dem Zweiten Weltkrieg

Ab 1945 besuchte der Nachwuchs für den Orden das Hermann-Josef-Kolleg und wurde im eigenen Haus unterrichtet bis zum Wechsel aufs Städtische Gymnasium in der Oberstufe. Die Schüler des nicht berufsgebundenen Konvikts St. Albert besuchten das Städtische Gymnasium. Das Konvikt wurde 1967 aufgelöst. 

Das Vinzenz-Pallotti-Kolleg

Mit Wirkung von Ostern 1961 hatten die Pallottiner die Erlaubnis „ein privates altsprachliches Gymnasium zu errichten, beginnend mit Einrichtung des 5. Schuljahres - Sexta". Es folgten der Neubau der Schule und des ersten Internatsgebäudes, dann Internat 2 und 1969 der dritte Internatsbau für die Oberstufenschüler. 1969 legten auch die ersten zehn Schüler ihr Abitur ab. Seinen Namen „Vinzenz-Pallotti-Kolleg“ erhielten Gymnasium und Internat 1965, nachdem Vinzenz Pallotti im Jahr 1963 heilig gesprochen worden war. Damals erhielt die damalige „Konviktsgasse“ ihren bis heute bestehenden Namen „Pallottistraße“. Mit der Namensänderung vollzog sich auch der Wandel von einer berufsbezogenen Einrichtung für künftige Priester zu einer modernen christlichen Erziehungs- und Bildungsstätte mit Gymnasium, Internat und Tagesinternat. 1971 wurde die besonders außergewöhnlich gestaltete Pallotti-Kirche gebaut.

2008 kündigte die Provinzleitung die Schließung von Internat und Tagesinternat zum Ende des Schuljahres im Juni 2009 an. Sukzessive wurden Pallotti-Stadion am Weilerfeld, Hallenbad, Internatsbetrieb und Jugendheim geschlossen. Im September 2011 stand auch der Termin der Schließung des Vinzenz-Pallotti-Kolleg, das zu seinen besten Zeiten bis zu 800 Schüler besucht hatten, zum Ende des Schuljahres im Juli 2016 fest. 

Abschied der Pallottiner

Die Pallottiner in der Seelsorge

Im Jahr 2012 haben die Pallottiner nach 40 Jahren die Verantwortung für die Pfarr-Seelsorge der Kirchengemeinde St. Martin Rheinbach ans Erzbistum zurückgegeben. Bis dahin hatten die Patres nicht nur die Seelsorge in Rheinbach verantwortet. Sie betreuten in Aushilfstätigkeit auch regelmäßig Pfarreien in Altenahr und Ahrbrück mit mehreren Kirchen und Gemeinden, sogar bis Schuld sowie Reifferscheid bei Adenau in der am weitesten entfernten Aushilfsstelle.  

Die Reihe der Pallottinischen Pfarrer in Rheinbach beschloss Pater Nikolaus Gröters nach neun Jahren als Pfarrer, zuletzt als leitender Pfarrer des durch Zusammenlegung von sechs ehemals selbstständigen Kirchengemeinden neu entstandenen Seelsorgebereichs der Kirchengemeinde St. Martin Rheinbach mit elf Kirchorten. Mit Pfarrer Pater Gröters, auf dessen Initiative auch die Fusion der Pfarrei zurückgeht, schied zum 31. August 2012 auch Pater Bruno Kremsler als Pfarrvikar aus, der aber die Seelsorge weiterhin unterstützt hat. Für einige Monate war Pater Heinz Willi Rivert noch „Pfarrer des Übergangs“. 

Hatten die Pallottiner auch die Verantwortung für die Pfarrei abgegeben, blieben die Patres mit ihrer Kommunität in Rheinbach und waren weiterhin als Seelsorger tätig. 

Gestartet waren die Pallottiner in Rheinbach 1935 mit acht Patres, der Höchststand war 1973 mit 32 Patres und 14 Brüdern erreicht. Zum Schluss war es nur noch eine Handvoll.  

Pater Franz Josef Ludwig schenkt Gemeinde zum Abschied Figur des Vinzenz Pallotti

Was bleibt?

Zu Ende. Aber nicht vorbei. 

Vieles wird weiterleben in dem, was die Pallottiner, die Lehrer und die Schule ihren Schülern, die Seelsorger den Gemeindemitgliedern und Gläubigen in der gesamten Region mitgegeben haben. Eben „Pallotti never dies“, Pallotti wird nie sterben, wie Pater Rivert den Abschiedsgottesdienst des Vinzenz-Pallotti-Kolleg abgeschlossen hatte. Dass „Abschied“ nicht auch das Ende bedeutet, hatte Pater Steffen Brühl in diesem Gottesdienst mit dem bekannten Liedtext von Trude Herr „Niemals geht man so ganz“ deutlich gemacht: „Es zeigt auch Hoffnung auf. Denn wie es auch dort heißt, ist so ein Abschied noch lange kein Tod.“ In den Jahren des gemeinsamen Weges sind viele Beziehungen gewachsen, die tief in den Herzen bleiben werden.

Sichtbar bleibt das Verbindende zwischen dem Hl. Martin als Kirchenpatron und dem Hl. Vinzenz Pallotti, das der verstorbene Pater Franz Josef Ludwig SAC in seiner Pallotti-Statue dargestellt hat, und die die Pallottiner der Pfarrei zum Geschenk gemacht haben. 

Mit besonderer Dankbarkeit hat unsere Gemeinde auch die künstlerische Darstellung des Hl. Vinzenz Pallotti entgegen genommen, die bis zur Profanierung der Pallottikirche im dortigen Altarraum zu bewundern war. Die Pallottiner haben uns das Kunstwerk ebenfalls als Geschenk übergeben. Die Pallotti-Darstellung wird einen geeigneten würdigen Platz erhalten, wenn die kirchlichen Gebäude und Räume, die durch die Flutkatastrophe vom 14./15. Juli 2021 beschädigt wurden, wieder saniert sind.  

Gerda Saxler-Schmidt

 

Weitere Texte zur Geschichte und Verabschiedung der Pallottiner in Rheinbach wurden im MartinsEcho (Pfarrbrief 11/2020) ab Seite 20 veröffentlicht.