In der St. Maternus-Pfarrkirche von Rodenkirchen stand die Reliquienschaumonstranz in der Maternus-Oktav vom 13. bis 29. September immer in einer Nische des Maternus-Altares. Im Jahre 1731 wurde der Tabernakel erstmals aufgebrochen und 1789 nochmals beraubt. Das Ostensorium ist das einzige Stück, das aus dem Kirchenschatz erhalten blieb. Die Reliquie des Hl. Maternus wurde im Januar 1976 gestohlen und konnte nicht mehr wiederbeschafft werden.
Um das Wissen um die Oberdreeser Prozession weiterzugeben, schrieb der vor einigen Jahren verstorbene langjährige Brudermeister der Pilger Franz Josef Kessel die Geschichte der Oberdreeser Wallfahrt nieder. Die Prozession geht wahrscheinlich weit zurück bis in das Mittelalter. Es gibt über die Anfänge keine schriftlichen Aufzeichnungen, aber die Ereignisse wurden von Generation zu Generation mündlich weitergegeben.
"Eine furchtbare Seuche forderte die Hälfte der Bewohner zum Opfer. Man feierte in Oberdrees eine Bittmesse und versprach feierlich, jedes Jahr eine Dankprozession zu Fuß zur Ruhestätte des Hl. Maternus nach Rodenkirchen zu veranstalten. Die Seuche forderte fortan keine Opfer mehr und man folgte Jahr für Jahr getreu dem gegebenen Versprechen. Aber infolge der Ereignisse der napoleonischen Säkularisation und der politischen Veränderungen in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts machte sich Hochmut breit, und man wurde verleitet, das gegebene Versprechen nicht mehr zu halten. Man ging einige Jahre nicht mehr zum hl. Maternus.
Und nun folgte, was man in Oberdrees fest glaubte, "Gottes Gericht". Im Dorf brach die Ruhr aus und forderte in kürzester Zeit das Leben von 33 jungen Männern im Alter von 30 bis 45 Jahren. Es starb keine Frau. Alle starben in der Maternus-Oktav 1873.
Die Oberdreeser Frauen bestürmten ihre Männer, doch wieder zum Hl. Maternus zu pilgern. Die siegreichen Soldaten der letzten drei Kriege wollten aber nicht. Für sie war die Seuche reiner Zufall. Die Frauen hingegen waren überzeugt, daß es ein Strafgericht Gottes wegen des gebrochenen Gelübdes sei.
In ihrer Verzweiflung nahm eine Frau das schwere Prozessionskreuz und pilgerte alleine nach Rodenkirchen, um die Hilfe des Hl. Maternus zu erbitten. Die Tapferkeit dieser Frau beeindruckte die Männer aber doch so sehr, daß sie ihr abends mit einem Pferdefuhrwerk nachfuhren. Sie fanden die Frau zwischen Sechtem und Waldorf völlig erschöpft mit dem Prozessionskreuz am Straßenrand liegen. Die Frau kehrte nur unter der Bedingung zurück, daß wieder eine Prozession nach Rodenkirchen ginge.
Von da an geht ununterbrochen - außer in den Kriegsjahren - jedes Jahr am ersten Samstag nach dem Maternustag, dem 13. September, eine Fußprozession nach Rodenkirchen.
Es ist heute kein Abenteuer mehr, nach Rodenkirchen zu pilgern. Von der 42,5 km langen Strecke gehen die Pilger auf dem Hinweg 22,5 km zu Fuß, der Rest wird gefahren. Auf dem Rückweg ist es umgekehrt. 22,5 km werden gefahren und 20 km zu Fuß gegangen. Wie ihre Vorfahren gehen die Pilger über weite Strecken durch Gottes freie Natur und beten. An bestimmten Stellen werden wie seit über 120 Jahren bestimmte Gebete verrichtet.
Ein Kleinbus ersetzt die in früheren Jahren mitgeführte Broderkar. An Heimerzheim vorbei und durch Wesseling wird gefahren. Am Ortseingang von Rodenkirchen warten die Fußpilger auf die Buspilger, die mithelfen, das Gelübde zu erfüllen. Zusammen ziehen sie dann mit Maternusfahne und Prozessionskreuz zur Pfarrkirche nach Rodenkirchen.
Am Abend nehmen sie hier alle an der Pilgermesse teil. Die Buspilger fahren zurück nach Oberdrees, die Fußpilger übernachten im Dechant-Renner-Haus auf mitgebrachten Luftmatratzen. Am nächsten Morgen machen sie sich auf den Heimweg. Am frühen Nachmittag warten am Oberdreeser Ortseingang der Pfarrer, ein paar Meßdiener und einige Daheimgebliebene auf die Pilger, um gemeinsam mit ihnen die letzte Strecke zur Kirche von Oberdrees zurückzulegen."
(zitiert nach der Festschrift zum Abschluss der Renovierungsarbeiten "Pfarrkirche St. Ägidius Oberdrees", 1995)
Bis zur 127. Gelöbnisprozession zu Ehren des Hl. Maternus im Jahr 2000 fand die "Rodenkirchener Maternuswallfahrt" traditionsgemäß jeweils am Wochenende nach dem 13. September an 2 Tagen statt.
Am Samstagmorgen versammelten sich die Pilger um 8 Uhr in der Pfarrkirche St. Ägidius zu einem Entsendungsgottesdienst, der in den letzten Jahren von den Pilgern als Wortgottesdienst gestaltet wurde.
Nach dem Entsendungsgottesdienst machten sich die Fußpilger dann auf den Weg nach Rodenkirchen. Sie wurden von einem Kleinbus begleitet, der insbesondere älteren Pilgern stationsweise Mitfahrgelegenheit bot. Nach einer leiblichen Stärkung und kurzer Mittagsrast im Gemeindehaus der Pfarrgemeinde Walberberg waren die Pilger für die restliche Strecke nach Rodenkirchen gut gerüstet, um dort gegen 15 Uhr am letzten Wegekreuz vor dem Rodenkirchener Ortsschild mit den Buspilgern zusammenzutreffen. Fuß- und Buspilger legten dann das letzte Wegstück bis zur Maternuskirche gemeinsam zurück, wo sie mit fesflichem Glockengeläut empfangen wurden.
Nach der Begrüßung durch den Pfarrer und einer kurzen Andacht bestand bis zum Beginn der Abendmesse um 19 Uhr Gelegenheit zur Fuß- und Magenpflege.
Nach der Abendmesse richteten die Fußpilger im Gemeindehaus der Maternuspfarrei ihr Nachtlager her und nach überstandener Nacht, gestärkt durch ein gemeinsames Frühstück, traten die Fußpilger am Sonntagmorgen den Rückweg nach Oberdrees an.
Da die Anzahl der Fußpilger, die das Übernachtungsangebot im Gemeindehaus der Maternuspfarrei wahrnahmen, in den letzten Jahren stetig abnahm, entschlossen sich die Pilger in 2001, die Maternuswallfahrt an einem Tag abzuhalten. Erstmals in der 128jährigen Geschichte der Gelöbnisprozessionen nach Rodenkirchen kehrten Fuß- und Buspilger nach der Abendmesse noch am Samstagabend gemeinsam mit "gecharterten" Kleinbussen und Privat-Pkw's nach Oberdrees zurück. Pater Leo nahm die Pilger an der Bundesstraße in Empfang und begleitete sie bis zur Pfarrkirche, in der die Wallfahrt mit einer feierlichen Schlussandacht beendet wurde.
Alle Teilnehmer der 128. Gelöbnisprozession waren sich einig, dass sich die Rodenkirchener Maternusprozession in dieser Form auf einem vielversprechenden neuen Weg befindet. Der feierliche Abschluss der Wallfahrt am Samstagabend mit dem Empfang und der Schlussbegleitung der Pilger durch Pater Leo sowie zahlreiche Gemeindemitglieder gab den rückkehrenden Pilgern wie in jedem Jahr das erfüllte Abschlussgefühl heimatlicher Anteilnahme. Zugleich hatten die - in der Anzahl in den letzten Jahren stetig zunehmenden - Pilger, die aus gesundheitlichen oder familiären Gründen den Rückweg am Sonntag nicht mitgehen konnten, nicht mehr das Empfinden, die Wallfahrt am Samstagabend abzubrechen, sondern sie in der Gemeinschaft mit allen Pilgern und der Anteil nehmenden Pfarrgemeinde abzuschließen